Moin,
vorgestern war bei mir Bescherung. Der Packstationsadventskalender hielt hinter dem größten Türchen die Sendung mit dem VT/VS-Set der AKN für mich bereit. Lenz hatte fairerweise schon bei der Ankündigung deutlich gemacht, dass auf AKN-spezifische Änderungen der Schienenbusformen verzichtet wird und die Modelle reine Umlackierungen der DB-Schienenbusse sein werden. Damit war von vornherein klar, dass die Modelle kompromissbehaftet sein werden. Die beim Vorbild mit der Umlackierung entfernte umlaufende Zierleiste würde also im Modell weiterleben dürfen und auch die separaten Schlußlichter würden zumindest nicht funktionsfähig nachgebildet werden. Aus wirtschaftlicher Sicht eine meiner Meinung absolut nachvollziehbare Entscheidung... Ich war nun gespannt, wieviel „AKN“ nun tatsächlich in den Modellen stecken würde.


Die Auswahl war vom Vorbild her überschaubar, aber die Tücke steckt im Detail, wie wir noch sehen werden. Die AKN hatte fünf Uerdinger Triebwagen in lachs/vanille-Lackierung im Einsatz. Dieses waren die 1981 von der EBOE übernommenen VT 3.07 – VT 3.10 (einmotorig, 150 PS) sowie der VT 3.11² (zweimotorig, 2x 150 PS) , hinter dem der 1987 gekaufte ex-DB 798 677 “erlebte Eisenbahn“ steckte. Dazu kamen in diesem Farbschema drei Steuerwagen (VS 2.60, VS 3.51, VS 3.52). Einzelheiten zu den Fahrzeugen finden sich u.a. auf den Seiten von Jens Heinitz => https://ebo-eisenbahn.de/index.php?/page/uerdinger_vt#
Auffälligster äußerlicher Unterschied der VT 3.07 – VT 3.10 zu den 798 der DB waren neben dem „modernen" AKN-Farbdesign u.a. die Übersetzfenster an den Seiten im Gegensatz zu den 798-Fenstern mit kleinen Schiebefenstern im oberen Teil. Fast jedes der Fahrzeuge hatte ein eigenes Charakteristikum, wodurch es sich von den anderen unterscheiden ließ (z.B. grösseres oberes Spitzenlicht beim VT 3.09, verschiedene Befestigungen der Außenspiegelhalterungen). VT 3.07 – VT 3.10 waren auch durch die seitlichen Lüftungslamellen vom VT 3.11 unterscheidbar. In der Dachrundung waren nur zwei statt drei wie bei zweimotorigen Schienenbussen vorhanden. Das Lamellenfeld unterhalb der Fenster war beim 798 unter dem mittleren Seitenfenster zu finden, bei den AKN-Einmotorern saß es ein Fenster weiter links.
Deswegen hatte ich ohne besonderen Anlass fest damit gerechnet, dass Lenz als Modell den zweimotorigen VT 3.11 wählen würde. Dessen Vorbild hatte bei der AKN die VT98-Serienfenster mit den kleinen Schiebefenstern behalten. Für dieses Exemplar der AKN-Flotte wäre in diesen Punkten keine Formänderungen erforderlich gewesen. Warum man hier nicht diesen einfachen Weg gegangen ist und das Modell stattdessen als einmotorigen VT 3.08 beschriftet hat, dafür wird es bestimmt Gründe geben. Einer könnte sein, dass die Werbung "Kreissparkasse Pinneberg" für den VT 3.08 belegt ist. Den VT 3.11 kenne ich nur ohne oder mit Glismann-Reklame. Das muß aber nichts heißen, denn hier stecke ich nicht so tief in der Materie.



Der Steuerwagen kommt als VS 2.60 daher. Alle drei lachs/vanille-Steuerwagen hatten im Gegensatz zum Modell Übersetzfenster. Hier macht sich der angekündigte Verzicht auf Änderungen deutlich bemerkbar. Auf die Verwendung der Steuerwagenform sind auch die vierflügeligen Falttüren am Steuerstandende zurückzuführen. Die AKN hat den VS 2.60 aus einem Mittelwagen umgebaut, weswegen dreiflügelige Falttüren korrekt wären. Gepäckraumausstattung und WC wird man beim Vorbild vergeblich suchen. Beim Signalhorn auf dem VS-Dach habe ich meine Zweifel, ob es dort wirklich hingehört. Soweit ich weiß, hatten die drei VS keine Tute auf dem Dach. Ich habe jedenfalls keine Bilder gefunden, die eine zeigen. Bei Lars Brüggemann (https://www.larsbrueggemann.de…bahnhof-elmshorn-013.html) gibt es ein Bild, das einen typhonlosen VS von oben zeigt. Das Bild des VS 2.60 von J.G.Lukner/Slg. Heinitz (https://ebo-eisenbahn.de/picture.php?/47662/tags/69-vs_260) stimmt dem zu. Die beiden Aufnahmen zeigen auch, dass der silbergraue(?) Dachanstrich im Vergleich zum Modell weiter nach vorn reichte. Außerdem fehlt dem Modell ein Kuckucklüfter. Am Nichtsteuerende hatte VS 2.60 nur die kleinen Schlußlichter (vgl. https://www.lokfotos.de/fotos/1987/0913/08096.jpg im Beitrag von User Nobbi im DSO-Histo-Thread https://www.drehscheibe-online…ad.php?17,6234654,6235008 ). Das Modell ist auf dieser Seite beleuchtungsüberversorgt.



Die separaten Schlußlichter sind wie erwartet nur aufgedruckt, was ich überraschend gelungen finde. Es stört mich live tatsächlich weniger als vermutet, wobei ich für den Eindruck des doppelten Schlußsignals (einmal rot leuchtend und darüber nochmal aufgedruckt) noch etwas Eingewöhnungszeit brauche. Ansonsten kann ich die roten LED ja immer noch abschalten
Das passt dann schon.

Die fehlenden Außenspiegel lassen sich nachrüsten, ohne das ich dafür jetzt eine gute Quelle parat hätte. Hier setze ich auf einen entsprechenden Tipp der Lkw-Modellbauer. Die seidenmatte Lackierung ist gleichmäßig ohne Schlieren oder Macken, die Farbtrennkanten sind scharf und fransen nicht aus. Sämtliche Beschriftungen sind knackscharf, selbst die Werbung ist im herausfordernden Bereich der Lüfterlamellen einwandfrei dargestellt. Hier hat Lenz auf ganz hohem Niveau abgeliefert! Für Schraubenkupplungsfahrer liegen noch weitere Zurüstteile zur Komplettierung der Frontbereiche bei.
Die technische Ausführung und damit die Betriebsfestigkeit/Robustheit der Modelle ist bekannt, so dass einem anspruchsvollen Anlageneinsatz nichts im Wege steht. Allerdings kam mein Triebwagen als Ölsardine aus der Verpackung. Hier hat es der Produktionsschmiermaxe viel zu gut gemeint und mit Schmierfett und -öl übertrieben. Der Überschuß fand sich dann auch verteilt am Gehäuse und unter dem Lautsprecher. Nicht schön!! Dasselbe musste ich kürzlich bei einer neuen Startset-Köf feststellen. Ich hoffe, dass das nicht einreißt.

Planmäßig waren die AKN-Uerdinger auf der A3 (ex-EBOE) als Solo-VT oder VT/VS-Gespann unterwegs, im Berufs- und Schülerverkehr kamen auch längere Garnituren zum Einsatz (z.B. s. D. Riehemann/Slg. J. Heinitz https://ebo-eisenbahn.de/picture.php?/47307/tags/69-vs_260 oder in DSO-Histo vom User Electroliner https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?17,8037972 ). Wer solche Züge im Modell nachbilden will, wird dann sicherlich auf dem zweiten Markt Ergänzungsmöglichkeiten finden. Da nicht alle AKN-Uerdinger auf einen Schlag umlackiert wurden (vgl. J.-G. Lukner/Slg. J. Heinitz https://ebo-eisenbahn.de/picture.php?/47660/tags/69-vs_260 ), könnten auch andere Lenz-Modelle (je nach Anspruch ggf. mit äußerlichen Modifikationen) eingesetzt werden.
Am Triebwagen werde ich noch zeitnah Außenspiegel nachrüsten. Die Fenster werde ich nicht umbauen, obwohl Jürgen Moog einen geeigneten Umbausatz anbietet (https://www.0mobau.de/shop/495-umsatzfenster-vt-98.html). Dann sehe ich den VT lieber als VT 3.11 an und wenn mich mal der kleine Hunger packt, beschrifte ich eben um. Ob die Sparkassenreklame auch für den VT 3.11 authentisch ist, juckt mich seltsamerweise überhaupt nicht. Beim VS bin ich mir aufgrund des Umbauaufwandes nicht sicher, was ich damit mache. Umbauen oder abgeben? Der Trend geht im Moment signifikant zu Tor 2. Der VT reicht mir eigentlich auch.
Wie auch immer, Lenz hat eine Modellversion herausgebracht, die es mit vorbildgerechten Änderungen nie ins Sortiment geschafft hätte. Inwieweit die Kompromisse akzeptabel sind, muß jeder mit sich selbst ausmachen. Der Gesamteindruck stimmt allemal.
Viele Grüße,
Carsten