Baubericht Teil 11
Stand Anfang November 2023
Jetzt geht es mit dem mechanischen Teil der KAE Lokomotive „Carl“ weiter. Zahnräder und Räder müssen sich drehen zu Modellbahners Zufriedenheit - am besten mit wenig Geräusch, geschmeidig im Fahrverhalten über alle Fahrstufen hinweg in beide Richtungen und ohne Kontaktprobleme. Ein Anspruch, der meistens gelingt, manchmal aber auch nicht. Schauen wir einmal, was dieses Mal dabei herauskommt.
Dazu habe ich mir über die vielen Jahre und vielen gebauten Modellen eine eigene Philosophie angeeignet, die für mich paßt aber nicht jedermanns Meinung ist. Diese beschreibe ich hier einmal kurz, bitte aber nicht innerhalb dieses Astes mit der Baubeschreibung zur Lokomotive Carl das Für und Wider zu diskutieren. Ich werde darauf auch nicht antworten. Wer sich berufen fühlt, der kann ja einen eigenen Ast dazu eröffnen.
Meine Erfahrungen zum Bau von Antrieben beruhen auf Schmalspurfahrzeugen in Spur 0e, mit zweiachsigen sowie dreiachsigen Lokomotiven und Fahrzeugen mit angetriebenen Drehgestellen.
Meine Antriebe werden immer so konstruiert, daß der Antriebsblock bei der Endmontage von unten in das Fahrgestell eingeschoben werden kann. Abhängig von der Konstruktion des Modells ist der Motor am Antrieb schon befestigt oder er wird nach dem Einschieben in das Fahrgestell von oben aufgesetzt.
Der Antriebsblock selbst besteht meist aus zwei Wangen und zwei Abstandsklötzen aus Ms Pofilen. Die Wangen sind aus 2 x10 mm Flachmaterial und die Abstandsklötze haben die Dimension 7x7 mm. Damit hat ggf. auch noch Rahmenblenden aus 0,5 mm Blechen zwischen den Rädern Platz. Die einzelnen Teile werden nach dem Setzen der Bohrungen miteinander verlötet bzw. geschraubt.
Bei mir werden grundsätzlich alle Achsen über Zahnräder und Zwischenzahnräder verbunden. Dies hat den Vorteil, daß Toleranzen beim 90 grd. Versatz der Räder durch entsprechendes Spiel in den Bohrungen der Kuppelstangen ausgeglichen werden können und das Fahrzeug trotzdem ruckfrei fährt.
Als Zahnräder verwende ich meist die preisgünstigen weißen Kunststoffteile mit Modul 0,5. Ms Zahnräder sind zwischenzeitlich so teuer geworden, daß selbst bei einer kleinen Schmalspurlokomotive dafür über 50 Euro anfallen, im Vergleich zu unter 10 Euro bei Kunststoff. Allerdings haben die Kunststoffräder zwei Nachteile, ihre Bohrungen sind zu groß und sie haben oft einen minimalen Höhenschlag. Meine Abhilfe wird weiter unten beschrieben.
Die Zwischenzahnräder drehen sich auf den eingesteckten 2 mm Wellen, die 3 mm Achsen werden in die nach unten offenen Bohrungen eingelegt und mit der unten aufgeschraubten Pertinaxplatte gegen herausfallen gesichert. An der Pertinaxplatte werden später die Radschleifer befestigt.
Beim Abstand der Bohrungen für die Achsen und Wellen der Zwischenzahnräder gebe ich zum errechneten Abstand immer ein Zehntel Spiel dazu. Die Achsen sitzen von der Unterkante der Wangen des Antriebsblocks ebenfalls ein Zehntel höher.
Ich verzichte ganz bewußt auf jeden technischen Aufwand für Pendelachsen oder sonstige bewegliche Lagerung zur Verbesserung (?) der Radauflage auf den Schienen. Der Ausgleich passiert bei meinen Modellen mit dem einen Zehntel Höhenspiel der Achsen. Zwei Überlegungen führten zu dieser Entscheidung. Erstens versucht man mit dem Einbau von Kippel-/Pendelachsen nur den eigentlichen Fehler auszugleichen, beseitigt diesen dabei aber nicht. Das eigentliche Problem sind nicht exakt verlegte Schienen. Wird das Gleisbett entsprechend akkurat verlegt, dann gibt es nur minimalste Unebenheiten und die schluckt ein starrer Antrieb anstandslos. Und zweitens habe ich in der Spurweite H0 (entsprechend 0e) noch kein Großserienmodell gesehen, das solche Pendeleinrichtungen hat, die fahren alle mit fest eingebauten Achsen, selbst bei sehr großen Ausstellungsanlagen.
Jetzt aber weiter mit dem eigentlichen Baubericht. Beim „Carl“ handelt es sich um einen dreiachsigen Antrieb mit einem flach aufliegenden FH 1331 Motor ohne Getriebevorsatz. Um die Endgeschwindigkeit zu reduzieren ist das Schneckenrad als Stufenzahnrad ausgebildet, die restliche Anordnung ergab sich aus den Achsabständen beim Vorbild und den erforderlichen Zwischenzahnrädern.
Die Teile für den Antriebsblock habe ich diesmal nicht selbst hergestellt. Wie am Ende von Beitrag 10 gezeigt, wurden sie von meinem Freund Peter Herrmann CNC gefräst. Dies war erforderlich, um die Aussparungen für die Blattfedern und die exakte Übereinstimmung des Wangen des Antriebs und den ebenfalls CNC gefrästen Rahmenblenden zu gewährleisten.
Abweichend von meiner Standard Konstruktion sind bei diesem Antrieb auch die Stirnseiten gefräst. Die Wangen sind Vorbild bedingt etwas höher und es mußte eine Erweiterung für das Stufenrad angesetzt sein. Die Klötze sind trotzdem eingelötet, um daran die Pertinaxplatte und später die komplette Fahrwerkseinheit mit Umlaufblech, Rahmenblenden und Pufferbohlen daran zu befestigen.
Zuerst mußten die Zahnräder angepaßt und überarbeitet werden. Ein Messingstab wird soweit abgedreht, daß die Kuststoffzahnräder aufgepreßt werden konnten. Anschließend wurden die entsprechenden Bohrungen gesetzt und in derselben Einspannung der Messingstab noch einmal leicht überdreht Damit sind Bohrung und Umfang des Messingstabes gleichlaufend. Nun kann das Zahnrad an dem Messingbund in der Spannzange aufgenommen und auf Rundlauf überprüft werden. Fast alle Zahnräder hatten einen leichten Höhenschlag. Mit einem scharfen Drehstahl wurden die Zähne soweit überdreht, daß der Höhenschlag beseitigt war. Die Zähne, deren abgefrästen Krone zu flach waren, wurden mit einer feinen Dreikantfeile wieder spitz gefeilt. Nachdem seitlich die Bünde auf Maß gedreht sind, wurde das gesamte Zahnrad noch einmal mit einer Nylon-Rundbürste im Bohrzwerg „poliert“. Der komplette Vorgang mußte bei jedem Zahnrad durchgeführt werden.

Wenn alle Zwischenzahnräder eingesetzt sind, kann die zweite Wange angeschraubt und der Antriebsblock geschlossen werden. Die Achsen kann man nun einlegen und die Pertinaxplatte von unten anschrauben.


Der Lagerblock für den Motor und eine evtl. Zwischenlage (Abstand Schnecke/Schneckenrad) werden mit einer Adapterplatte verschraubt und in die Nut oben an den Wangen eingelegt und befestigt. Der Motor selbst wir in den Lagerblock eingeklebt.

Der nächste Vorgang ist mit dem entsprechenden Werkzeug nicht schwierig. Die Räder der Firma Henke haben Edelstahl-Radreifen, Kunststoffsterne und Messingbuchsen. Das bedeutet, daß die Räder so in die Radsatzpresse eingelegt werden müssen, daß beim Eindrücken der Achsen die Räder absolut zentrisch liegen und die Messingbüchse der Nabe anliegen muß, sonst wird der Radstern und die Büchse zerstört. Also mußten aus einer Alu Stange zuerst die passenden Aufnahmen gedreht und Paßstifte für den 90 grd. Versatz gesetzt werden. Der Rest ging dann sehr schnell. Das erste Rad in die Aufnahme einlegen und den Haken zur Positionierung in das Zahnrad einrasten, dann die Achse in das Rad einpressen. Das zweite Rad mit dem 90 grd. Versatz in die zweite Aufnahme einlegen, Zahnrad positionieren und die Presse wieder zusammendrücken. Dabei immer das Lichtmaß kontrollieren, da es kein Zurück gibt. Die Achse sitzt so fest in der Messingbüchse, daß sie nicht mehr korrigiert werden kann.. Das Lichtmaß stelle ich bei meinen Fahrzeugen zwischen 14,35 mm und 14,4 mm ein.

Die Radsätze können nun komplett in die Antriebseinheit eingelegt und die ersten Fahrversuche mit einer provisorischen Stromversorgung können durchgeführt werden. Die Radschleifer zur Stromversorgung werden erst nach der Montage der Steuerung angebracht, um den klemmfreien Lauf zu testen (der Motor wird dazu ebenfalls wieder abgenommen).

Wie es aussieht ist der Antrieb sehr leichtgängig. Bei analoger Spannung fährt der Antriebsblock auf einer Schiene mit 0,3 Volt an. Völlig geräuschlos ist der Antrieb wegen den vielen Zahnrädern natürlich nicht. Ein leichtes Surren ist zu hören, was aber auch der völligen Stille in der Werkstatt geschuldet ist. Bei Ausstellungen oder Modultreffen ist davon nichts mehr zu hören.
Als nächstes kommt der Baubericht zur Königsetappe, davon in Teil 12 der Bauberichte.
Grüße aus VAI
Armin.