Hallo,
Meine Ankündigung im letzten Beitrag will ich jetzt umsetzen und etwas über Walzträgerüberbauten schreiben.
Mit der Möglichkeit größere Doppel-T-Träger zu walzen, ergab sich um 1900 eine neue Möglichkeit kleinere Brücken kostengünstig zu bauen. Die folgenden beiden Bilder zeigen 2 Brücken mit Walzträgerüberbaut der ehemaligen Strecke Esperstedt - Oldisleben, welche 1907 als Privatbahn (Bachstein) eröffnet wurde. Die Strecke wurde bis 1989 als Streckenrangiergeis (Bahnhofsgleis) für den Güterverkehr genutzt.

Bild 1: Walzträgerüberbau der abgebauten Strecke. Als Brückenbalken hat der Bahnmeister bei der geringen zulässigen Achslast Schwellen hochkant eingebaut.

Bld 2: Eine weitere Brücke dieser Strecke.
Bei der beschriebenen Brückenkonstrukton liegen die Brückenbalken direkt auf den Hauptträgern (Walzträger). Quer- und Längsträger gibt es nicht. Beide Walzträger sind durch einen Querverband oder eine Queraussteifung verbunden. Der Windverband ist bei diesen Brücken entweder am Oberflansch oder am Unterflansch der Walzträger angeschlossen. Bei den Brücken der genannten Strecke lag dieser unten. Bild 3 zeigt ein Bauwerk mit obenliegenden Windverband.

Bild 3: Vergleichbarer Walztägerüberbau mit Querausteifungen aus U-Profilen und obenliegenden Windverband.
Nun zu meiner Modellbahn: Bereits in meiner Anfangsphase habe ich mir überlegt, wie ich den Eulensteiner Bahnhofskopf etwas "auflockern" kann. So kam mir die Idee, hier einen Mühlgraben vorzusehen, der mit 4 Gleisen (2x Normalspur und 2x 750 mm Schmalsspur) zu überbrücken ist. Massivbauwerke waren mir zu "langweilig" und so habe ich mich für Walzträgerüberbauten entschieden. Eine Kombination verschiedener Brückenkonstruktionen ist natürlich auch möglich. Das Ergebnis zeigt vorab Bild 4.

Bild 4: Die Mühlgrabenbrücken von Eulenstein.
Vor Baubeginn meiner Brücken habe ich damals für Details nach Vorbildern gesucht. Da zu diesem Zeitpunkt schon viele dieser Bauwerke ersetzt waren, war des schwieriger als gedacht.
Für die Walzträger meiner Brücken wurden Messingprofile verwendet. Diese gibt es bis 12 mm Höhe. Nach der Faustformel
Stützweite = 10x Trägerhöhe
habe ich 10 mm hohe Profile ausgewählt. Meine Brückenkonstruktion erfordert den Einbau von Brückenbalken. Diese haben im Querschnitt zumindest eine größere Höhe als Schwellen. Meine Brückenbalken bestehen aus Leisten 5x5 mm². Bei meinen selbst genagelten Gleisen ist das grundsätzlich kein Problem. Ein Problem ergibt sich jedoch, wenn Nagelspitzen Träger berühren und so ein Kurzschluss entsteht. Beim Kreuzungsbauwerk habe ich später dieses Problem gelöst, in dem jeder Nagel gekürzt und nachgemessen wurde. Zusätzlich kann das entsprechende Gleisstück für Kontrollen elektrisch getrennt und so ein Kurzzschluss eingegrenzt werden. Bei den 4 Walzträgerüberbauten habe ich einen anderen Weg gewählt. Da Windverband und Queraussteifung praktisch kaum sichtbar sind, wurden diese vereinfacht aus Leiterplattenmaterial nachgebildet. Durch eine Trennung der Kupferfolie in Brückenmitte ist ein Kurzschluss ausgeschlossen.
Bitte beachten: Der Abstand der Walzträgerachsen ist wegen der Kippsicherheit etwas größer als der Abstand der Schienenachsen!
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Bild 5: Ein zur Farbgebung vorbereiteter Walzträgerüberbau mit vereifachter Queraussteifung und vereinfachtem obenliegenden Windverband. Die außen im Bereich der Queraussteifungen und über den Lager sichtbaren Winkel sind ebenso wie die Flachlager Handarbeit.
Beim Oberbau habe ich damals - ebenfalls vereinfacht - die Auskämmung und die Brückenbalkenbefestigung (z.B. Schwellenwinkel) nicht berücksichtigt. Dies hat den Einbau - wie sich später zeigte - wesentlich vereinfacht und die nachfolgend beschriebene Baureihenfolge erst ermöglicht.
(Die Auskämmung minimal ca 2 cm an der Auflage verhindert sein seitliche Verschieben der Brückenbalken. Da ich leider kein besseres Bild habe, verweise ich hierzu auf Bild 3, wo die Schwächung - leider nur schwer - zu erkennen ist.)
Bei der Gleisverlegung wurden zunächst nur die Brückenbalken befestigt. ( Da ich unter der Annahme, dass die Gleise des Schmalspurteils mit altbrauchbaren Schienen S49 kürzlich umgebaut und so die gleichen Schienenprofile bei der Normalspur verwendet wurden auch die gleichen Schienenprofilen eingebaut habe, ergaben sich so auch beim Probebetrieb keine Probleme.)

Bild 6: Beim Gleisbau wurden zunächst nur die Brückenbalken angebaut. Da das hintere Gleis das Streckengleis der Normalspur ist, hat der Betriebsleiter hier Schutzschienen ( Führungen) vorgesehen. Die Brücken wurden erst später zusammen mit den Widerlagern eingebaut (darunter geschoben).

Bild 7: Die abgenommenen Randwegabdeckungen und Geländer veranschaulichen die am Überbau vorgenommenen Vereinfachungen im Vergleich zum Endzustand auf Bild 5.
Noch ein Wort zu den Abdeckungen. Für die Mittel- und Randwegabdeckungen vergleichbarer Brücken wurden neben Holz auch Riffelblech, Betonplatten und selten auch Gitterroste verwendet. Ich habe die Abdeckungen aus 1 mm Holz (gebeizt) nachgebildet. Die Randwegabdeckungen sind auch auf den versetzt angeordneten Brüchenbalken aufgelegt.
Ich hoffe, dass dieser Beitrag die eine oder andere Anregung für die eigene Anlage ergibt.
Viele Grüße aus Erfurt
Wolfgang