Balancierkupplung der Kleinbahn Leer Aurich Wittmund

  • Hallo zusammen,


    die bei der LAW verwendete Balancierkupplung ist durch viele Vorbildfotos sehr gut dokumentiert., s. u.a.:


    Eisenbahnstiftung , bitte nach „LAW“ suchen

    Bildarchiv Kleinbahnmuseum Bruchhausen-Vilsen


    Für den T 47 habe ich mir eine solche Kupplung gießen lassen


    Demgegenüber hatte der früher von mir gebaute T 65 der LAW zunächst eine Henke Balancierkupplung erhalten, hier ein Foto aus dem damaligen Baubericht im Arge-Forum



    Nachdem der T 47 auf der Meterspur Schau von Michael Schnellenkamp seine Feuertaufe bestanden hat, habe ich jetzt auch den T 65 auf diese Kupplung umgebaut:



    Die selbstgewickelten Evolutfedern nehmen sowohl die Druckkräfte auf den Puffer als auch die auf den Balancier wirkenden Zugkräfte auf, wie die folgende Bilderserie zeigt.


    Beide Fahrzeuge gekuppelt:



    Viele Fahrzeuge der LAW, darunter auch der T 65, hatten in der Kupplungskette ein Spannschloß. Der T 47 hatte nur eine Kette, ich habe ihm wegen der besseren Handhabbarkeit ebenfalls ein Spannschloß verpasst.


    Kupplung unter Druck:



    die Feder nimmt die Druckkräfte auf den Puffer auf,


    Kupplung unter Zug :



    die Feder nimmt die auf den Balancier wirkenden Zugkräfte auf.


    Qed.


    Den Bau der Kupplung habe ich bereits im Argeforum beschrieben. Ich gehe davon aus, dass hier nicht alle Leser einen Zugang zum Argeforum haben, und werde hier in den nächsten Tagen noch einen Baubericht veröffentlichen.


    Gruß Andreas

  • Hallo,


    hier nun der angekündigte Baubericht:


    Zunächst habe ich die Kupplung im 3d-CAD gezeichnet



    und dann aus Spaß an der Freude animiert


    Unter dem Stichwort Evolutfeder findet man zwar einige Lieferanten oder Hersteller, aber nicht in den von mir gewünschten Dimensionen. Deshalb habe ich Abwicklungen verschiedener Varianten gezeichnet und zusammen mit den Blattfedern für den T 47 in Phosphorbronzeblech 0,2 mm ätzen lassen.



    Der Innendurchmesser muss 1,5 mm betragen. In einer feinen Rundzange wurde 1/3 Umdrehnug gewickelt und der Federstreifen zusammen mit einem 1,5 mm Rundmaterial so in den Schraubstock geklemmt, dass er ca. 30º weiter gewickelt werden konnte.



    Die ersten Versuche brachten ein etwas unförmiges Ergebnis, das sich durch Nacharbeiten mit einer feinen Zange aber deutlich verbessern ließ.




    Kontrolliert man die Arbeit nach ungefähr allen 180º und arbeitet dann bereits nach, lassen sich die unförmigen Bereiche weitgehend vermeiden. Darüber vergeht ganz schön Zeit, aber die Dinger federn tatsächlich.


    Nun ging es mit den übrigen Teilen der Kupplung weiter. Puffer und Balancierteile hätte ich mit meinen Mitteln herstellen können, aber beim Biegen des Korbes hatte ich erheblich Probleme mit den engen Biegeradien. Für den Funktionstest habe ich mir erstmal 2 Sätze im 3d-Druck herstellen lassen.



    Der Test verlief erfolgreich.



    Die Teile sind aber für den realen Einsatz nicht stabil genug. So habe ich einen Gießer Formen herstellen und die Teile giessen lassen.


    Fortsetzung folgt


    viele Grüße Andreas

  • Hallo zusammen,


    Weiter geht es mit der endgültigen Ausführung:


    Die Teile wurden auf 2 Gussäste aufgeteilt.



    In den Teilen sind alle erforderlichen Bohrungen und der Schlitz in der Pufferstange 0,5 mm tief angedeutet. Der Korb hat auf Vorschlag des Giessers einen Basisring zur Stabilisierung erhalten.

    Nach dem Abtrennen der Teile vom Gussbaum wurden die Bohrungen gesetzt, der Schlitz in die Pufferstange gefräst und die 3 überflüssigen Sektoren am Korb abgeschnitten.



    In den Kettenhalter ist hier schon die „Spannschloss“-Nachbildung aus 1,5 mm MS-Rohr und 2 Ösen aus 0,5 mm MS-Draht eingesetzt. Jetzt geht es endlich an die Montage.


    Hierfür habe ich 0,6 mm Modellbauschrauben und -muttern verwendet. Als erstes wird der Korb auf die Basisplatte geschraubt, in die Basisplatte ist die Führungshülse eingelötet. Das Bild ist leider etwas unscharf:



    Ohne Ringschlüssel für die Schrauben/Muttern wird das eine fürchterliche Fummelei. Er muss unten etwas abgedreht werden, damit die Muttern am Fuß der Korbarme erreicht werden.



    Anschließend wird der Puffer eingeführt, die Feder aufgeschoben und der Puffer in die Führungshülse eingeschoben. Der Schlitz im Puffer muss noch zugänglich sein.



    Jetzt kommt der schwierigste Schritt, das Einfädeln der Balancierachse in den Pufferschlitz



    Der Puffer muss hierfür so gedreht werden, dass der Schlitz zwischen den 2 Armen des Korbes gut zugänglich ist. Dann wird die obere Hälfte des Balanciers in die Lücke zwischen Pufferstange und oberem Korbarm eingeschoben und eine 0,6 mm Schraube als Achse durch die Bohrung des Balanciers und den Schlitz im Puffer geschoben (das liest sich so einfach! Ich habe dabei ganz schön geschwitzt.)


    Der Puffer kann dann wieder so gedreht werden, dass die Balancierachse senkrecht steht, und die übrigen Teile montiert werden. Das geht im Vergleich zum vorigen Schritt relativ einfach.



    Mit einem 0,5 mm Stift, der durch den Schlitz in der Führungshülse in die Bohrung in der Pufferstange geschoben wird, wird die Bewegung des Puffers nach vorn beschränkt.



    Viel Aufwand, aber wenn ich das Endergebnis sehe:




    viele Grüße Andreas

  • Hallo Andreas,


    Ganz große Klasse! Danke für den detaillierten Einblick "hinter die Kulissen". Da will man ja am liebsten direkt das CAD anwerfen und auch eine gefederte Kupplung entwerfen! ^^


    Ich hätte noch eine Frage zum Gussverfahren: Meine persönlichen Erfahrungen sind bisher auf wenige Gussteile beschränkt und der Korb mit dem "Ring" hätte mir als Anfänger etwas sorgen bzgl. Hinterschneidungen gemacht. Ich vermute mal, dass wie üblich nur das Urmodell gedruckt wurde und nicht etwa jeder einzelne Wachsling? :)


    Beste Grüße aus Dänemark,

    Bastian

  • lieber Andreas,


    anders herum gefragt, was hast Du beim Gießer abgegeben?

    - die Dateien und der Gießer hat damit einen Wachsling als Urmodell für die Silikonform gedruckt

    - selbst gedruckte 3D Kunststoffteile, die der Gießer dann als Urmodell für die Silikonform genutzt hat


    Ist der Gießer aus Pforzheim?


    Grüße aus VAI

    Armin.

  • Hallo Bastian,


    danke für die Blumen. Freut mich, wenn es Dir gefällt.


    Zum Gussverfahren kann ich gar keine Angaben machen. Ich habe mit der Herstellung der Formen etc. gar nichts zu tun. Ich schicke immer nur die STL-Dateien in der empfohlenen Skalierung mit einigen Angaben wie benötigte Stückzahl pro Satz zum Giesser. Der prüft, ob die Teile umsetzbar sind und macht wenn nötig Änderungsvorschläge. Dann entwirft er die Gussäste und erstellt einen Kostenvoranschlag incl. Herstellung der Wachsmodelle, Formen und Guss. Nach ca. 2 wochen bekomme ich dann die gewünschte Anzahl Gussäste und die Formen für weitere Güsse.


    Viele Grüße Andreas

  • Hallo Andreas,


    Vielen Danke für die Antwort. Das klingt ja angenehm einfach. Bisher habe ich meine ersten Versuche auf dem Feld wie Armin in Pforzheim (bei Kauselmann) gießen lassen oder bei Einzelteilen auch gerne via Shapeways / i.Materialise etc. Aber dann werde ich doch in Zukunft auch irgendwann mal Horbach ausprobieren. Kann ja nicht schaden.


    Eine Kupplung habe ich auch hier schon mal gewagt, aber an eine funktionstüchtige Evolutfeder hätte ich mich wohl nicht rangewagt. Hut ab!


    Beste Grüße,

    Bastian

  • Andreas,


    vielen Dank für Deine detailierten Beschreibungen.

    Sehr beeindruckend !

    Den Schlepptriebwagen konnte ich ja letzten Monat in Buseck bewundern.

    Vielleicht kannst Du zum Bau dieses interessanten Fahrzeugs auch noch etwas schreiben ?


    Viele Grüße

    Dirk

  • Hallo Dirk,


    den Bau habe ich schon im Arge-Forum beschrieben. Da dieses sein MHD wohl bald erreicht hat und hier nicht alle Leser Zugang zum Arge-Forum haben, werde ich die wichtigsten Schritte hier auch noch beschreiben.


    Gruß Andreas

Participate now!

Don’t have an account yet? Register yourself now and be a part of our community!