OOKs Braunlage-Andreasberger Eisenbahn: Der Film zum Buch. Eine Fan-Rezension auf Basis eines Preview.

  • Wer sich schon immer mal mit dem Thema Betriebsmodellbahn, d.h. Simulation des echten Bahnbetriebs im Modell beschäftigen wollte, aber sich der durchaus sperrigen Lektüre der zahlreichen Schriften vom Betriebsmodellbahnerpapst Otto O. Kurbjuweit, kurz OOK, bisher nicht gestellt hat, hat jetzt mit seinem neuen Film über seine eigene private Modelleisenbahn, der Braunlage Andreasberger Eisenbahn, eine leicht zugängliche und bekömmliche Gelegenheit. Der Film ist über Jaffas Mobashop alias Jürgen Hans jetzt erhältlich, ich unterhalte keine Geschäftsbeziehung mit Jürgen Hans und hatte nur als OOK Fan Gelegenheit, den Film vorab zu sehen.


    Zitat aus der DVD Rückseite:

    OOKs BAE: Konzept, Landschaft, Betrieb, DVD

    Der Film ersetzt nicht das vor fünf Jahren erschienene BAE-Buch, aber er kann ganz anders vermitteln, wie die Bahn im Betrieb aussieht: fahrende Züge, Rangiermanöver, Kreuzungen, agierende Modellbahner. OOK und sein BAE-Freundeskreis mit dem bekannten Harzbahn-Filmer Martin Laubner haben in Dutzenden von Stunden großartige Sequenzen aus dem Fahrplanbetrieb der BAE gefilmt.

    Eine Stärke des Videos neben den „anmachenden“ Filmaufnahmen ist der begleitende Kommentar, so dass man immer weiß, warum die Rangiereinheit gerade diese oder jene Bewegung ausführt, man erfährt, was von wo nach wo transportiert wird und bekommt Hintergrundwissen vermittelt, etwa über den Zugleitbetrieb.



    Kurbjuweits Einfluss, beginnend mit der Gründung des Fremos Ende der 70er und der Zeitschrift HP1 Modellbahn, fortgesetzt durch die formidable aber wiederum Special-Interest Schmalspurzeitschrift „der Mittelpuffer“ war vor vielen Jahren schon nicht unerheblich, wenn auch ohne größere Breitenwirkung unter Modellbahnern. Heraus aus der Nische trat er spätestens jedoch 2012 mit dem legendären „blauen Buch“, der im MIBA Verlag (VGB Verlagsgruppe) erschienenen Planungsbroschüre „Anlagen-Planung für vorbildgerechten Modellbahn-Betrieb" und infizierte damit auch den Autor dieser Zeilen mit seinen Ideen. Zum Kanon gehörten dann auch Bücher wie „Harzer Schmalspur-Spezialitäten“, sein Hauptwerk und Modellbahnmemoiren über eben diese BAE, „Richtig Rangieren“ oder „Die Fensterbachtal-Bahn“ sowie Auftritte als Gastautor in mehreren Miba-Spezialausgaben. Eine Kolumne mit seinen Credos und kreativen Output in der monatlichen Miba, wider gegen den Modellbahnermainstream mit seinen Hinguckern und liebevollen Details, ähnlich eines Harald Martenstein im Zeit-Magazin, hätte sicher nicht nur mir gefallen. Aber der Intellektuelle aus Hamm zusammen mit dem fähigen Macher Jürgen Hans alias Jaffa und weiteren Unterstützern nimmt gerne wie im skizzierten Werdegang neben seinem Hauptberuf als (schon langer pensionierter) Gymnasiallehrer oft bewiesen, selbst das Heft in die Hand.


    Das Spätwerk des längst im 8. Lebensjahrzehnt angekommenen OOKs, gebildet aus der neuen Modellbahnzeitschrift „ADJ=Anlagen Design Journal“ und diesem Film als Konzentrat und Destillat seines Schaffens, könnte aber endlich der Idee der zumindest temporär in Gemeinschaft gefrönten Betriebsmodellbahn nun zu einem Durchbruch verhelfen.


    Mit dem Film über seine geographisch im Harz angesiedelten Heimanlage der fiktiven Braunlage-Andreasberger Eisenbahn und deren Bau und vor allem Betrieb, wurde im Vergleich zur typischen deutschen Modellbahnerkultur etwas Ungewöhnliches geschaffen: In der immer noch exotischen Baugröße 0m hat OOK auf über 70 qm eine Anlage nach seiner Philosophien z.B. der Linearität und Prinzip der absoluten Nähe erstellt, die so auch nur von einer Gruppe von Enthusiasten unter Federführung von ihm gebaut und vor allem auch betrieben werden kann. Das Besondere: Ein Film über eine Gruppe von kompetenten Modellbahnern, sympatisch und authentisch, motiviert gemeinsam Betrieb zu machen, Modellbahn mit Sinn und Zweck, kein spontanes Zufallsprinzip, sondern nach Plan, eben die Simulation einer echten Eisenbahn mit Transportbedürfnissen von Menschen und Gütern von A über B nach C. Wunderbar die während der aus dem Off kommentierten Zugverfolgung sparsam aber aufschlussreich in die Handlung eingeflochtenen Szenen mit meldenden Triebfahrzeugführern und als Highlight die Interviews mit seinen langjährigen Mitstreitern Nico und Michael, die sympatisch wiedergeben, warum sie gerne bei der BAE Mitstreiter geworden sind und das Hobby gemeinsam betreiben. Und auch für mich, der zwar nicht Mitglied im BAE Club ist, aber sicher erkennbar an dieser Rezension ein jahrelanger OOK-Fan seit Mittelpuffer-Zeiten ist und die Anlage auch schon zweimal persönlich in Augenschein nehmen konnte, wird mit dem Film endlich klar: Wie geht den nun Betrieb? So geht also Betrieb! Mit einem Zugleiter Nico, der Otto im Interview schildert, das er schon 10 Jahre bei der BAE schafft und es ihm großen Spaß bereitet den Triebfahrzeugführern Weisungen zu geben. Mit einem Fahrdienstleiter Michael im zentralen Bahnhof Sonnenberg, der gleich zwei Lokführern mit einem seeligen Modellbahnerlächeln eine schöne Doppelausfahrt wünscht. Einfach klasse und man merkt die Freude am gemeinsamen Betrieb machen! Vorbildlich die Kommunikation der Lokführer mit Zugleiter und Fahrdienstleiter mit Telefon oder untereinander mit Pfeifsignalen, das Zustellen und Abholen von einzelnen Wagen an den Ladestellen mit dem Nahgüterzug über die gesamte Strecke, der Personenzugverkehr, der Stückgutverkehr, die Wagenladungskarten, die Bedienung der Stichstrecke nach Andreasberg, der Rollwagenverkehr, die Anforderung einer Vorspannlok und alles fachkundig und gut nachvollziehbar kommentiert, ein Fest und Augenschmaus für Betriebsmodellbahnfans und solche die es werden wollen!


    Aber auch akustisch wird etwas geboten, naturgemäß verfügen die seltenen 0m Loks z.B. auf Henke oder Märklin-Minex Basis über keine Sounddekoder bzw. nur leisen Sound. Die Loks und Triebwagen wurden aber mit Vorbildaufnahmen oft sehr stimmungsvoll synchronisiert, herrlich der satte Sound aus dem Schlot der eher kleinen Dampfer, das Klappern der Mechanik, das Vorbeirauschen des Zuges, als stände man im Harz in 1:45 direkt neben der Strecke, dazu hörbare Schienenstöße, Lokpfeifen und Geläut zum Beispiel bei der tollen Ortsdurchfahrt durch die Schlufter Dorfstraße. Überhaupt und ein weiteres wesentliches Merkmal des Kurbjuweitschen Werkes: Es besteht bei Betrachtung der Fahrzeuge, der Gebäude, der Landschaft und dem fantastischen gemalten Hintergrund nie ein Zweifel aufgrund eben zahlreicher Identitätsmerkmale, wo man sich geographisch befindet. Es ist der Hochharz!


    Und bei dieser geographischen Situierung in einem eher menschenleeren Landstrich fast determiniert, aber auch grundsätzliche OOK-Philosophie: In der Leere liegt die Kraft! Nichts wirkt überladen, übertrieben, gerade die Inszenierung des Wenigen, Generischen, des Alltäglichen, ja Typischen ist die große Stärke von OOKs Anlagendesign. Ich verweise da gerne auch auf seinen kongenialen ADJ Kolumnisten und Sprecher im Film mit angenehmer Stimme Michael Sterna, der dies im Anlagendesignjournal Nr. 2 so vorzüglich in seinem Beitrag „In der Leere liegt die Kraft“ thematisiert hat.


    Für mich als Fan eine klare Kaufempfehlung für alle Betriebsmodellbahner und solche die es werden wollen, aber auch für jeden, der in unserer stressigen Zeit Kontemplation und Entspannung braucht. Einfach stimmungsvolle Modellbaukunst. Keine Hektik, keine brennenden Finanzämter, keine peinlichen Intimszenen, mit Hinguckern und vermeintlich liebevollen Details überfrachtete Anlagenbereiche, die die eigentlichen Stars, nämlich die Züge, Gleisanlagen und den Betrieb auf der Modellbahnbühne zu Statisten degradieren. Modellbahnbetrieb pur und Konzentration auf das Wesentliche, eine absolut wohltuende Reise in eine Zeit weit vor digitaler Reizüberflutungen, Beliebigkeit und moderner menschlicher Hybris.


    Ich wünsche diesem Film die ihm gebührende Aufmerksamkeit und Verbreitung in der ambitionierten Modellbahner-Szene, die in diesem Forum doch gut vertreten ist. Auf das sich mehr Modellbahner auf die spannende Welt der Betriebsmodellbahn bei Konzeption, Bau und im Betrieb auch mal mit Freuden in einer Gruppe einlassen. Es muss ja nicht gleich mit Fahrplanbetrieb sein, aber Rangierlisten oder ein einfaches auf die Betriebsstellen der Anlage abgestimmtes Rangierspiel mit Frachtkarten sind ein guter Einstieg.


    In diesem Sinne: Model Railroading is fun! Vielen Dank und Beste Grüße für dieses kleine Filmkunstwerk nach Hamm!


    Ralf

    Spur0 Team Ruhr-Lenne e.V. - Die Hagener Spur 0 Leidenschaft in XXXL seit 2007.


    http://www.spurnullteam.de/

    Betriebsabend jeden dritten Freitag im Monat 18.00-22.00 Uhr - Betrieb, Essen,Trinken, Fachsimpeln, Spaß haben in kompetenter und netter Runde. Gäste und Gastfahrzeuge sind herzlich willkommen: Södingstr. 16-18, 58095 Hagen.

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  • Br86fan

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  • Au weia, jetzt werden sich wohl viele Leser fragen, mit welcher Summe ich den Ralf vom befreundeten Hagener Spur 0-Club für diese Eloge bestochen habe, die ja über eine Rezension des Videos weit hinaus geht. Ich bin ehrlich gesagt völlig baff. Dass die Hagener meine Anlage mögen, hat ja schon vor einigen Monaten Matthias Hess hier im Forum ausgedrückt: Zu Besuch bei der BAE

    Aber Ralf setzt noch einen drauf. Ich muss mir Mühe geben, dass mir das nicht peinlich ist.


    Die BAE ist keine "hübsche" Anlage. Meine Absicht war, etwas zu schaffen, das wie eine richtige Eisenbahn funktioniert bzw. diese Funktion emuliert. Und genau dies zu zeigen war und ist die Intention des Videos. Und Ralf hat das sehr gut herausgestellt. Daher: Danke Ralf!


    Gruß


    Otto

  • Hi Otto,

    ich kann dem Ralf nur beipflichten.

    Der Postbote hat mir heute Morgen die DVD gebracht:


    Das ultimative Schauvergnügen, dazu Dein Buch zum Nachverfolgen auf den Knien. Es gibt nichts Erfrischenderes als bei 35 Grad im Schatten mit dem Zug über verschneite Harzhöhen zu gondeln….


    Vielen Dank an OOK, Jaffa und die ganze BAE-Harzgang. Jay, the K.

  • Moin!

    Auch ich möchte meine Empfehlung für die Dokumentation aussprechen, nachdem sie heute in der Post war und ich mich an ihr erfreut habe. Es handelt sich mitnichten um eine Hobbyfilmerei, sondern um ein durchdachtes Werk, in das viel Arbeit und Aufmerksamkeit für das Detail investiert wurde. Wirklich schöne Szenen und interessante, nicht zu ausladende Kommentare, sondern solche die es auf den Punkt bringen. Die Abläufe und Funktionen vom Zugleiter über den Fahrdienstleiter bis zum Lokführer werden wunderbar erklärt und eröffnen einen ansonsten nur oftmals theoretisch und in Textform nachvollziehbaren Einblick in die Praxis von Betriebsabläufen. Dabei liegt ein, und für mich der spannendste Schwerpunkt, auf der Interaktion der Mitspieler. (Obwohl man hier schon fast nicht mehr von "Spiel" sprechen mag!)

    Das Ganze wird nicht staubtrocken, sondern mit dezentem unaufdringlichen Humor und dem ein oder anderen Augenzwinkern vermittelt. Nach einer Stunde ist es leider schon vorbei - dabei ist dann das Interesse eigentlich erst geweckt und man möchte mehr davon sehen, oder am liebsten gleich mitmachen.


    Meinen Dank und ein Lob an die Produzenten und Mitwirkenden!


    Beste Grüße,

    Nils


    PS: Landrat Harms hat erstaunliche Ähnlichkeiten mit dem Eigentümer der NHE... ;)

  • Hallo Otto,


    meinen Vorrednern schließe ich mich in vollem Umfang an!

    Kaufempfehlung!

    Mir geht es wie Nils... "man möchte mehr davon sehen, oder am liebsten gleich mitmachen." !


    Ich war erst letzte Woche mit meiner Liebsten auf einen Kurzbesuch in St. Andreasberg (2 Nächte) im Harz und hätte mir die BAE sehr gewünscht dort!

    Und das sicher nicht weil es zu zweit dort nicht ganz wunderbar gewesen wäre, sondern weil die BAE die perfekte Ergänzung für St.A. und den Harz wäre. ^^ :thumbup:


  • Hallo,


    zum wiederholten Mal habe ich mir das Video über OOKs Braunlage-Andreasberger Eisenbahn

    angesehen und parallel dazu die Kapitel des gleichnamigen Buches über den Betrieb der Bahn aufgeschlagen, um die einzelnen Szenen des Films besser verfolgen zu können. Dadurch ließen sich die Fahr- und vor allem die Rangierszenen noch besser nachvollziehem, ja geradezu verinnerlichen. Der Genuß war perfekt.


    Gegen Ende des Videos wird bekanntlich angemerkt, daß natürlich noch nicht Alles gezeigt werden konnte.

    Es wurde angedeutet, daß die Szenenfolge möglicher Weise in einem weiteren Video fortgesetzt werden könnte. Mein Wunsch an OOK und sein Mitstreiter, laßt es nicht nur bei der Andeutung, realisiert die Fortsetzung der großartigen Erstausgabe.


    Schöne Grüße

    Reinhard

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