Liebe Freunde des gepflegten Eisenbahn-Modellbaus in Spur 0,
irgendwann kam bei meinem Projekt V100 die Kupplungsfrage auf. Und da wir heute so wunderbare digitale Möglichkeiten haben, soll die V100 Decoder und fernsteuerbare Entkuppler bekommen. Meine Marktforschung blieb aber Ergebnislos, oder besser gesagt, sie ergab, dass es z.Z keine fernsteuerbaren NEM-Kupplungen für Spur 0 zu kaufen gibt.
Ich musste also notgedrungen auch die fernsteuerbare Kupplung selbst konstruieren...
Ich hatte vor Jahren bei Michael Schnellenkamp 2 fernsteuerbare Kupplungen erworben. Wie ich jetzt erst erfahren habe, sind die von Lenz, es ist die Variante in der V36. Außerdem hatte ich mir vor kurzem NEM-Kupplungen gekauft, um meine LIMA-Güterwagen endlich mal auf KK umzubauen. Und so kam mir die Idee, die normalen Kupplungen mit einem Entkuppler aus dem 3D-Drucker zu ergänzen und eine Variante für Wagen mit KK-Kulisse zu bauen, und eine Variante ganz kompakt für die V100, ohne KKK.
Die mir bekannten fernsteuerbaren Kupplungen arbeiten mit Magnetspulen, besitzen aber an dem Entkuppler Permanentmagneten, daher wird hier die magnetische Abstossung verwendet, nicht die magnetische Anziehung. Also habe ich mir erstmal Magnete in der Bucht besorgt, Durchmesser 6 mm und 2 mm stark. Blieb nur noch die Magnetspulenfrage zu klären, daher habe ich mir erstmal bei Pollin verschiedene Kleinrelais bestellt, um sie für mein Forschungsprojekt auszuschlachten. Und ausserdem habe ich die Einzelteile konstruiert, die ich mit dem 3D-Drucker herstellen wollte.
Bitte unbedingt beachten! Werden Permanentmagnete im Entkuppler eingesetzt, muß die Spule mit Gleichstrom betrieben werden, und die Polung ist so zu wählen, dass beide Magnetfelder sich abstoßen. Kann man das bei der Decoderprogrammierung umpolen?
@Armin-Hagen Berberich: Ich verwende z.Z. ABS-like resin von elegoo (translucent), wirklich gutes Zeugs!
Die einzelnen Untersuchungen und Entwicklungsschritte zeigen die folgenden Bilder.
Bild 1: Mein erster Versuch. Relaisspule, einmal auf Kurzkupplungskulisse, einmal ohne KKK für Loks
Nun hatte ich Spionage betrieben und raus gefunden, dass die Lenz-Spule aus 0,1mm-Draht gewickelt ist und einen Widerstand von ca. 80 Ohm hat. Meine Relaisspule hat 120Ohm, aber irgendwie wollte das alles nicht funktionieren. Die Relaisspulen sind immer durchgebrannt, ohne dass sich was bewegt hatte...
Bild 2: Hier noch mal in Groß, die Lok-Variante
Ich musste also weiterforschen... So fiel mir ein, dass ich ja auch noch 2 fernsteuerbare Kupplungen der V80 rumzuliegen habe, also habe ich die mal untersucht.
Bild 3: Wie man am Netzteil sieht, braucht der Entkuppler der V80 richtig Power! Unter 12V geht da garnichts. Die Spulendrähte sind einadrig! Klingeldraht! Naja.....
Ich habe dann doch mal die Lenz-Kupplung zerlegt, um näheres zu erfahren...
Bild 4: zerlegte Kupplungen von der Lenz-36 und von der V80.
Nachdem ich die Lenz-Kupplung zerlegt hatte und alles vermessen war habe ich mir erstmal eine Tabellenkalkulation geschrieben, mit der ich die Abmessungen der Spule, Wicklungszahl, Widerstand und Stromaufnahme berechnen kann. Und dann habe ich die Lenz-Kupplung wieder zusammengebaut und weitergeforscht.
Bild 5: Uiiih! Die Lenz-Kupplung öffnet bei 6V und 50 mA! Wie machen die das?
Meine Kupplung aus Bild 1 und 2 öffnen bei 25V. Wieso kann das die Lenz-Kupplung mit 5V??? Grübel.... Schließlich fand ich den Grund dafür: Die Relaisspulen haben einen durchgehenden Eisenkern. Bei der Lenz-Spule endet der Eisenkern schon ungefähr in der Mitte der Spule! Effekt? Die Lösekraft des Permanentmagneten ist viel kleiner, wenn er nicht unmittelbar am Eisenkern hängt, sondern bereits einige Millimeter entfernt davon ist! Die Kraft des Permanentmagneten ist aber ausreichend groß, um den Entkuppler wieder in die Ruhepostion zu ziehen.
Ich habe also die Relaisspulen verschrottet und mir eigene Spulen gewickelt. Der Draht stammt von Relais, die ich noch bei meinem Vater gefunden habe, 0,09 mm Draht-Durchmesser. Die Spule hat einen Innendurchmesser von 4 mm, einen Aussendurchmesser von 10 mm und eine Wicklungshöhe von 7 mm. Und so sieht das dann fertig aus:
Bild 6: Endlich funzt es. Der Trick ist, dass der Eisenkern der Spule ca. 3 mm vor dem Anschlag des Permanentmagneten endet. Außerdem ist es hier ein kleinerer Permanentmagnet mit 4mm Durchmesser und 1mm Bauhöhe eingebaut. Die Messwerte sind cool, oder? Da reicht ein Spur-N-Decoder!
Wenn man bei dem Versuchsaufbau aus Bild 6 die Schraube weiter reindreht, wird der Abstand ihrer Stirnseite zum Permanentmagneten kleiner. Damit wird aber die erforderliche Abstossungskraft der Magnetspule sofort viel größer, bei 2 mm Abstand braucht es schon 12V, um den Entkuppler zu betätigen!
Bild 7: Praxistest – der Entkuppler ist stromlos, die Kupplung kuppelt...
Bild 8: Und wenn ich Spannung anlege, öffnet der Entkuppler die Kupplungen, der Wagen kann weggezogen werden. Bingo!
Mit dem bisherigen Ergebnis bin ich schon einmal sehr zufrieden. Ich werde aber versuchen, die Spule noch etwas flacher zu gestalten, um Bauhöhe zu sparen. Ich werde wieder berichten.
Danke für's lesen!
Gruß
Torsten Frieboese