Guten Tag zusammen,
so langsam geht es mit den bestellten Fahrzeugen voran.
Im Sommer 2019 habe ich durch Zufall einen Kleinserienhersteller aus Dresden ausgemacht welcher ganz urige Straßenbahnbeiwagen in der Spur H0 gebaut hat. Die Vorbilder sind in Dresden im Einsatz gewesen. Da war ganz plötzlich der Wunsch diese in 0m zu haben.
Aber zunächst einige Worte zum Vorbild:
Für die Dresdner Straßenbahn entstanden 1948 10 Beiwagen mit wiederverwendbaren Teilen kriegszerstörter Beiwagen. Hergestellt wurden diese in der Waggonfabrik Werdau , dem früheren LOWA-Werk. Nach der Lieferung qualiativ besserer Fahrzeuge erfolgte die Umspurung von 8 Beiwagen von der Dresdner Sonderspurweite 1450mm auf die Meterspur und die Umsetzung zur Lockwitztalbahn , der Linie 31 der Dresdner Straßenbahn. Dort blieben die Beiwagen bis zur Einstellung der Strecke am 18. Dezember 1977 im Einsatz.
In ähnlicher Bauweise erhielt die Straßenbahn Staßfurt 2 Beiwagen, auch die Straßenbahn in Gera bekam 2 ähnliche Beiwagen, dort erhielten sie die Nummer 205II und 206II. Die GEraer Beiwagen hatten als Besonderheit oder besser Abweichung zur Serie die Türen unmittelbar am Plattformende und als einzige dieser 14 Aufbaubeiwagen keine Ausschnitte im Wagenkasten für die Achslager. In Dresden war dies wegen der breiten Spur zwingend erforderlich. Die Fahrzeuge hatten eine Breite über Wagenkasten von 2.100mm.
Die Geraer Beiwagen kamen nach der Aussonderung noch auf einen Verkehrsübungsplatz nach Görlitz, dort sind sie zu unbekannter Zeit vmtl. zerlegt worden. Die Staßfurter Beiwagen bzw. deren Schicksal ist mir völlig unbekannt, in anderen Betrieben sind sie jedenfalls nicht aufgetaucht. Dies lässt auf eine Verschrottung schließen als die Staßfurter Straßenbahn am 31.12.1957 eingestellt wurde.
Warum ich mir nun grad diese Beiwagen rausgesucht habe? Nun sog. Allerweltsfahrzeuge sind ohnehin nicht meins. Und schick sehen sie immerhin aus.
einfach mal eine Skizze der Wagen, diese ist in einer Ausgabe des Straßenbahnarchiv aus DDR-Zeiten enthalten. Bilder der Originalfahrzeuge liegen mir vor, die Zustimmung zur Veröffentlichung habe ich angefragt. Sofern mir diese Möglichkeit eingeräumt wird werde ich einige Bilder mit einstellen.
Nun also zu den Modellen...
Wie bereits erwähnt im Sommer 2019 einen Kleinserienhersteller gefunden der die bereits in H0 gemacht hat. Frei nach dem Motto "Frechheit siegt" habe ich dort angerufen und gefragt ob die auch in 0m zu bauen wäre. An die Ernsthaftigkeit hat der Kollege offenbar noch nicht gleich geglaubt, also lautete die Antwort erstmal, "Sie meinten sicherlich H0m, das ist absolut kein Problem." Daraufhin musste ich doch glatt erwidern das ich schon die Spur Null emm im Maßstab 1:45 meinte und es wurde einen kurzen Moment etwas ruhiger. Die erbetene Bedenk- und Klärungszeit mit dem Mitinhaber kam mir nach gefühlt 3 Wochen doch arg lange vor also habe ich erneut nachgefragt.
Da steckte man schon mitten in den Vorbereitungen.
Mittlerweile bekomme ich in unregelmäßigen Abständen per whatsapp Bilder vom Projektfortschritt. An diesem möchte und darf ich euch teilhaben lassen.
Hier ist der Rohbau eines Wagenkastens zu sehen, gefertigt aus gefrästen PS-Platten und Viertelrundprofilen.
Wagenkasten und gedruckte Bodenplatte.
Der Hersteller hatte zunächst beabsichtigt die Bodenplatte zu skalieren um dann feststellen zu müssen das zahlreiche Teile bei denen er für die Spur H0 erhebliche Kompromisse eingehen musste schlicht zu klobig und zu groß sind. Also wurde die Bodenplatte kurzerhand neu gezeichnet.
Eine 3D-Zeichnung der Bodenplatte mit Sitzen.
Und eine Detailansicht der Sitze. Das Fahrzeug verfügte über Holzsitze, Polstersitze waren seinerzeit noch nicht wirklich als Standard angesehen. Außerdem war man im Deutschland der ausgehenden 1940iger Jahre sicherlich mit anderen Dingen beschäftigt als sich Gedanken über gepolsterte Sitze in einer Straßenbahn zu machen.
Es gibt einen Marsch... "Wir präsentieren " - der lief erst gedanklich ab und jetzt auf youtube...
Die gedruckte Bodenplatte mit gedruckten Sitzen.
Und hier noch eine Aufnahme der beiden Wagenkästen aus einem früheren Stadium der Produktion und aus anderer Perpektive.
Einige Worte zur Modellausstattung:
Das Modell soll einen Funktionsdecoder erhalten, der Fahrgastraum wird beleuchtet sein. Blinker hatte das Originalfahrzeug nie gahabt, daher werden diese auch nicht nachgebildet. Die Fahrzeuge werden über eine Dreipunktlagerung verfügen, die Radsätze sollen ca. 16mm Durchmesser haben. Als Kupplungen sind momentan in der engeren Wahl eine Albertkupplung, diese hat mir ein früherer Vorstand der Halleschen Verkehrs AG in 3D gezeichnet oder eine magnetische Scharfenbergkupplung. Da ist die Entscheidung noch nicht gefallen.
Ich denke, auch wenn das Vorbild das nicht hergibt, die beiden Beiwagen freuen sich sicherlich schon auf den Triebwagen aus dem Hause Schnellenkamp nach Aachener Vorbild. Mal sehen ob ich die dann auch verkuppelt bekomme.
Viele Grüße
Sebastian Woelk
PS: Was die beiden Beiwagen kosten werden ist noch nicht ganz klar - aber ich lebe nach dem Motto "No risk - no fun"...
Die Bilder der Modelle und Screeshots der 3D-Zeichnungen erscheinen hier mit freundlicher Genehmigung von Dresden Modellbau, Marco Präg