Liebe Freunde des gepflegten Eisenbahn-Modellbaus in Spur 0,
nach dem ich das Fahrtreffen im Januar 2020 in Egeln besucht hatte und den Anycubic Photon dort gesehen hatte, stand mein Entschluss fest: So'n Ding will ich auch haben! Ich habe mich dann für den etwas neueren und etwas teureren elfin von NOVA 3D entschieden, auch von einem Neuerer-Kollektiv in der VR China entwickelt, weil er ein paar zusätzliche Gimmicks hat und das Baufenster minimal größer ist. Außerdem wirkt das Teil sehr solide und sieht gut aus. Bin auch auf Anhieb gut mit ihm klargekommen und bis jetzt superzufrieden damit.
Damit ist nun endlich ein großer, langgehegter Traum von mir Realität geworden. Manche 3D-Datei schlummert schon seit fast 20 Jahren auf meinen diversen Festplatten, z.B. eine fast vollständige V100 Ost in 1:45, die ich während einer Schulung 2003 mit CATIA V5 gemacht habe. Oder die V180, die ich 2013 in Potsdam während einer Schulung mit Inventor machte, oder das U-Boot, das ich jüngst begonnen habe, oder die Wumme, mit der ich jüngst auch etwas rumexperimentiert habe. Und dann spuken da noch Holzroller-, Berliner S-Bahn-, ETA 150- und V320-Pläne in meinem Kopf rum und sind schon teilweise konstruiert.
Was mich auch schon lange beschäftigte ist die Fahrwerks- und Antriebsfrage. Da gibt es zwar alles mögliche in jeder Preislage und Qualität zu kaufen, aber ich will selbermachen ohne viel Geld dafür ausgeben zu müssen. Außerdem habe ich während des Studiums gelernt, wie man Getriebe entwirft, und welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Bauformen haben.
Bisher habe ich keine Motoren mit fertigem Getriebe verwendet und will das auch in Zukunft nicht tun. Finde ich Unsportlich. Und zu teuer. So habe ich bisher immer Schneckengetriebe eingebaut. Die sind unter uns Modellbahnern aus gutem Grund umstritten. Man baut sich sehr hohe Reibungsverluste und großen Verschleiß ein, wenn man sie einsetzt. Sitz die Schnecke gleich auf der Motorwelle entstehen bei hohen Drehzahlen sehr, sehr hohe Umfangsgeschwindigkeiten, und damit saust die Zahnflanke der Schnecke dann über die Zahnflanken des Scheckenrads. Ich habe schon erlebt, dass mir eine Stahlschnecke mit Modul 0,5 in wenigen Minuten die Zähne des Messing-Schneckenrads weggefräst hat. Ultraparadontose sozusagen.
Stirnräder sind für Übersetzung die bessere Wahl. Sogenannte Evolventenverzahnungen haben den Vorteil, dass die Zahnflanken eines Zahnradpaares gewisserweise aufeinander abrollen, dadurch entsteht sehr wenig Reibung. Primär wirken nur Normalkräfte auf die Zähne, also Kräfte, die Senkrecht auf der Oberfläche der Zahnflanke stehen. Geradeverzahnte Zahnradpaarungen laufen unruhig, also hörbar. Daher wurden Schrägverzahnungen erfunden, die laufen viel ruhiger.
Will man nun 2 Wellen kreuzen, geht das neben Schneckengetrieben mit Kegelrädern oder Ritzel - Kronenrad-Getrieben. Da liegen beide Wellen für gewöhnlich in der gleichen Ebene, es gibt aber auch Bauformen mit Achsversatz, da ist die Zahnform dann aber schon etwas komplizierter.
Ein Kronenrad mit Modul 0,5 und 30 Zähnen habe ich vor vielen Jahren mal konstruiert. Geradeverzahnt. Dies und das Folgende zur Ausgangslage.
- Ich wünsche mir schon lange einen Antriebs-Bausatz aus 2 Hauptkomponenten, Achsgetriebe und ein Hauptgetriebe, preiswert und universell für Drehgestell-Loks und-Triebwagen verwendbar
- Per Kardanwellen miteinander verbunden
- Die Achsgetriebe mit Ritzel-Kronenrad-Kombination, da das einfach aufgebaut ist, sehr leichtgängig ist und nicht so schwierig einzustellen ist wie Kegelräder oder Schneckengetriebe, aber unbedingt mit unterschiedlichen Wellenlagen, damit die Ritzelwelle über der Radsatzwelle durchgeführt werden kann, um das nächste bzw. benachbarte Achsgetriebe auch anzutreiben
- Das Hauptgetriebe mit schrägverzahnten Stirnrädern für leisen Lauf
- Mit einer Gesamtübersetung von ca. 1:20
- Möglichst leichtgängig und komplett Kugelgelagert
- Geeignet für eine vorbildnahe Ausführung der Antriebe bei Vorbildern mit Gelenkwellenantrieb
- Geeignet für eine Vorbildnahe Ausführung der Radsatzaufhängung in aussenliegenden, gefederten Radlagern im Drehgestellrahmen
Das Kronenrad hatte ich also immerhin schonmal als CAD-Modell. Mit meinem TurboCAD 16Pro kann ich auch ganz einfach und schnell saubere Evolventenzahnräder konstruieren, und weil TurboCAD auch gedrehte Extrusion kann, ist auch Schrägverzahnung machbar. Und so hatte ich neulich die Idee, das gerade verzahnte Kronenrad, dass ich vor 10 Jahren konstruiert hatte, mit einem schrägverzahnten Ritzel mit 10 Zähnen zu kombinieren, um so das gewünschte Achsgetriebe zu realisieren. Schnell noch ein zweiteiliges Gehäuse konstruiert, und alles gedruckt für die ersten Tests. Und damit ich Probefahrten machen kann, habe ich auch gleich das ganze Drumherum konstruiert, in den Abmessungen für die V100. Und, was soll ich sagen:
Hat alles fast auf Anhieb funktioniert. Nur mit Teilen aus dem 3D-Drucker! Weil die Zahnräder sicherlich nicht lange halten, habe ich mir die Ritzel-Kronenrad-Kombination auch 4x in Messing giessen lassen, bisher die einzige Fertigungsmöglichkeit für eine Ausführung in Metall, die sich realisieren liess
Mit diesem Bausatz will ich zukünftig alle meine Drehgestell-Lokomotiven und -Triebwagen ausstatten. Als erstes die V100, dann die V180 und vielleicht das U-Boot und die Wumme und die E42... Alles in Kunststoffbauweise und alles in 1:45! Das Leben kann so schön sein!
Damit Ihr mal einen besseren Eindruck von meinen Machenschaften und Plänen bekommt, hier noch ein paar Bilder:
https://s19.directupload.net/images/200215/fhpbpotl.jpg
Bild 3: Das zusammengebaute und gut funktionierende Versuchsfahrwerk mit diversen Einzelteilen. Hier sind 20 Kugellager eingebaut!
Bild 4: Und hier....
Bild 5: … und hier noch ein paar Detailaufnahmen, die Räder sind noch vom V15-Projekt
Bild 6: Gegossene Messingzahnräder.
Bild 8: Auch während einer CAD-Schulung entstanden, sogar in Potsdam! Dicke Babelsbergerin in 1:45, 2013.
Bild 9: Ein U-Boot taucht auch bald auf...
Ich werde bald wieder berichten. Schönes Restwochenende!
Torsten Frieboese