Lenz Abteilwagen und Umbauwagen - verglichen, gemessen und umgebaut

  • Hallo allerseits,


    lange nichts gepostet, aber jetzt! Auch ich habe mir insgesamt vier der preußischen Abteilwagen von Lenz zugelegt. Die Wagen sind optisch sehr schön, lassen aber leider in den Laufeigenschaften einiges zu wünschen übrig, wie in einem anderen Thread hier im Forum schon ausgiebig diskutiert wurde. Konkret auf meiner Heimanlage entgleisen die Wagen gnadenlos im R1, auf unserer Clubanlage an kritischen Stellen, wo die Gleislage nicht optimal ist :cursing:


    Nun fragt sich der Besitzer von Lenz Umbauwagen, die eigentlich auf demselben Fahrgestell aufgebaut sein sollten, warum diese einwandfrei laufen, die Abteilwagen aber nicht. Weil ich ein neugieriger Mensch bin, habe ich mir beide Typen von Wagen mal vorgenommen, lauftechnisch untersucht und vermessen. Dabei kam folgendes heraus 8o



    Wie man aus der Tabelle unschwer erkennen kann, ist der mittlere Radsatz der Abteilwagen 2,3 mm breiter als der der Umbauwagen, wobei die lichte Weite zwischen den Attrappen der Radlager praktisch gleich ist. Weil die Naben der Radsätze an die Radlager anstoßen, ist das mögliche Seitenspiel der mittleren Radsätze damit um 2,4 mm kleiner als bei den Umbauwagen, da nützt auch kein Entgraten und ölen. Schon durch bloßen optischen Vergleich fällt der Unterschied auf. Zwar ist der Spurkranz der Abteilwagenräder geschwächt, das gleicht den Unterschied aber auch nicht völlig aus. Dazu kommt, dass der Spurkranz der Abteilwagenräder keine Ausrundung hat, auch das trägt nicht zu guten Laufeigenschaften bei.



    Um das Problem des Entgleisens im R1 für mich zu lösen, habe ich die Räder des mittleren Radsatzes abgedreht, jetzt laufen die Wagen gut durch die Kurven :D



    Zwei weitere Probleme habe ich durch eigene Anschauung identifiziert. Das erste ist die Tatsache, dass die Federn, die den Radsatz ans Gleis drücken sollen, manchmal nicht aus Ihren Bohrungen kommen, also wirkungslos sind. Das könnte an einem Grat in der Bohrung oder an einem zu großen Durchmesser der Feder liegen. Hier hilft leichtes Aufreiben/Aufbohren und etwas Öl. Leider habe ich davon kein Foto.
    Das zweite Problem ist, dass manche Federn umkippen, wie im folgenden Foto zu sehen ist. Das Foto ist nicht gestellt. Nachdem ich die Feder wieder komplett in die Bohrung geschoben hatte, machte die Feder nach wenigen Umdrehungen der Achse wieder das Gleiche. Auch hier hilft möglicherweise polieren der Achse und Öl. Noch besser funktioniert wahrscheinlich der Vorschlag eines Forumsmitglieds, eine kleine Stahlkugel zwischen Feder und Achse einzufügen. Die Kugeln müssten einen Durchmesser von 2 mm haben.



    Um das Problem der Entgleisungen auf unserer Clubanlage zu lösen, habe ich auch das Höhenspiel der mittleren Radsätze nach oben und nach unten vermessen. Dazu habe ich mir eine Vorrichtung angefertigt und das Spiel mit Fühlerlehren gemessen (siehe Tabelle):




    Das Spiel nach oben ist leicht durch Unterlegen der Räder mit zwei gleichen Fühlerlehren zu ermitteln, für das Messen des Spiels nach unten dient der Ausschnitt in der Vorrichtung. Hier wird solange unterlegt, bis sich das Rad leicht nach oben bewegt.


    Weil ich der Meinung war, dass das Spiel nach oben zu gering war, habe ich neue Achslager gefertigt, die einen längeren Ausschnitt haben:




    Die Frage war nun, wie die neuen Lager anbringen? Dass die alten Lager abgeschnitten werden mussten war klar. Außen an die Reste der alten Lager ankleben ging nicht, weil dann das Seitenspiel der Radsätze zu gering werden würde. Also mussten Sie innen angeklebt werden, wo dann aber die Halter für die Federn im Wege sein würden. Also habe ich diese, soweit wie möglich, mit einer kleinen Proxxon Diamantscheibe gekürzt (siehe gelber Pfeil im folgenden Bild). Die neuen Lager habe ich dann mit UHU Plast Special angeklebt. Zum Pressen habe ich Adernklemmen aus der Chirurgie verwendet, die gibt es auf jeder besseren Modellbaumesse.



    Jetzt fehlten nur noch die Federn. Die Originalfedern konnte ich nicht mehr einbauen, also habe ich Neusilberdraht 0,5 mm als Federn verwendet und dafür kleine Klötzchen gefräst, die die Drähte sicher halten. Mattschwarz gestrichen, fallen sie nicht weiter unangenehm auf.



    Das Ergebnis meines Tuns ist durchaus überzeugend. Die Wagen laufen auf unserer Clubanlage ohne Entgleisungen. Ich habe mal einen Wagen im Originalzustand und einen umgebauten Wagen nur mit dem Finger auf dem Dach über eine notorische DKW auf der Anlage geschoben. Ich konnte den Unterschied in den Fahreigenschaften deutlich spüren. Auch Clubmitglieder, die das Gleich probiert haben, waren vom Effekt des Umbaus überzeugt.


    Währen das Umbauen der Achslager sicherlich nicht jedermanns Sache ist, könnt ihr von mir die gefrästen Lager und die Klötzchen für die Federn bekommen, kosten nur das Porto. Was aber im R1 auf jeden Fall hilft, ist das Abdrehen der Räder, auch das kann ich für 5,- € pro Radsatz plus Porto anbieten. Die Räder müssen anschließend geschwärzt werden, weil durch das Abdrehen das Messing zum Vorschein kommt. Alternativ könnt ihr natürlich bei Lenz Mittelradsätze der Umbauwagen bestellen, dann habt ihr auch die Ausrundung der Spurkränze.


    Schreibt einfach eine PN.


    Gruß


    Christoph

  • Meine beiden Abteilwagen haben ihre Verpackung noch nie verlassen, da an der Anlage zur Zeit gebaut wird. Eigentlich sollen sie mit der bald eintreffenden BR 38 fahren.
    Aber wenn ich das so lese frage ich mich, ob ich sie besser zurückgebe.
    Warum diese Verschlimmbesserung gegenüber den Umbauwagen?


    Heiner

  • Hallo,


    schlussendlich kann das nur Lenz beantworten. Weil die Unterschiede in den eigentlichen Fahrgestellen mehr oder weniger im Toleranzbereich liegen, bleibt eigentlich nur der Mittlere Radsatz als Problem. Dieser ist bei den Umbauwagen mit schmaleren Rädern ausgestattet, bei den Abteilwagen sind alle gleich und damit der mittlere zu breit. Ich stelle mir vor, das das einfach ein Kommunikationsproblem mit dem Chinesischen Hersteller war, der irgendwelche Radsätze verwendet hat.


    Gruß


    Christoph

  • Ein sehr interessanter Beitrag - solche hilfreichen Beiträge würde ich mir mehr wünschen.
    Ich habe auch einen 3-achsigen Abteilwagen. Als ich ihn bekam entgleiste er auch an 2 Stellen aber ich zweifelte nicht an der Qulität des Wagens sondern suchte den Fehler in meinem Gleis.
    Es ist in der Tat so, bei exakter Gleisverlegung gibt es keine Schwoierigkeiten.
    Gruß Alexander

  • .....zweifelte nicht an der Qulität des Wagens sondern suchte den Fehler in meinem Gleis.
    Es ist in der Tat so, bei exakter Gleisverlegung gibt es keine Schwierigkeiten.


    Na ja, alles ist relativ, wie ist denn eine "exakte Gleisverlegung" definiert? Wenn 99 Prozent eines vorhandenen Fuhrparks keine Probleme bereiten, fällt es schwer, an der Qualität der Gleisverlegung zu zweifeln, obwohl es natürlich immer gewisse Toleranzen gibt, beispielsweise bei Modulübergängen. Es ist sicher nachvollziehbar, einen nachweislich qualitativ hochstehenden Hersteller gerade auch in diesem Forum in Schutz nehmen zu wollen, andrerseits zeigen die von Werkzeugmacher beschriebenen Eingriffe deutlich, wo die Ursache des mehrfach von verschiedener Seite bemängelten Fahrverhaltens zu suchen ist. ;)

    Gruß, Michael



    Gesendet von meiner Taschenlampe

  • Ein halbes Zitat ist eine Verzerung der Aussage.


    Ich habe keinen Anlass die Firma Lenz in Schutz zu nehmen - ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass nach so langen Konstruktionszeiten und angeblichen tagelangen Test ein unzureichendes Produkt ausgeliefert wird. Genau deshalb ist der obige Bericht für mich so interessant.
    Gruß
    Alexander

  • Moin allerseits,

    Das zweite Problem ist, dass manche Federn umkippen, wie im folgenden Foto zu sehen ist. Das Foto ist nicht gestellt. Nachdem ich die Feder wieder komplett in die Bohrung geschoben hatte, machte die Feder nach wenigen Umdrehungen der Achse wieder das Gleiche. Auch hier hilft möglicherweise polieren der Achse und Öl. Noch besser funktioniert wahrscheinlich der Vorschlag eines Forumsmitglieds, eine kleine Stahlkugel zwischen Feder und Achse einzufügen. Die Kugeln müssten einen Durchmesser von 2 mm haben.

    die Federn "kippen um", weil das scharfkantige Ende der Feder auf der Achse kratzt und sich dabei "verhakt".
    Wie Christoph oben schon schrieb, habe ich bei meinem Abteilwagen auf die Federn Stahlkugeln geklebt und dafür gesorgt, dass sich die Federn leicht in den Bohrungen bewegen können - und damit rollen die mittleren Achsen "federleicht". Weiterer Vorteil: Die Federn werden tiefer in die Bohrung gedrückt und wirken etwas strammer. Auch meine Umbauwagen hatte ich auf diese Weise bearbeitet.


    Den Radsatz mit den dünneren Radscheiben erhielt ich durch Verwendung eines normalen Radsatzes, bei dem ich die Radscheiben auf der Drehbank bearbeitet habe; das hat den Vorteil, dass die Ausrundung zwischen Lauffläche und Spurkranz vorhanden ist.


    Gruß
    Jürgen M.

    Generaldirektion der REEB

  • Hallo,
    wenn sich die Betriebssicherheit durch den Tausch des mittleren Radsatzes so eklatant verbessern läßt, könnte Fa. Lenz doch eine Austauschaktion anleiern, um den fraglichen Radsatz durch den der Umbauwagen zu ersetzen. Schließlich hat nicht jeder eine Drehbank (ich leider auch nicht) daheim.


    Gruß, Ian

  • Hallo


    ich habe mir auch 2 Wagen bestellt und mir graust schon vor dem 1. Test.
    Nachdem ich, aus Platzmangel auch viele R 1 Kurven verbaut habe.


    Doch so langsam frage ich mich ob ich ein hochwertiges Fertigprodukt geordert habe ? - oder doch nur einen Bausatz.


    LG Gerhard

    Grüße aus der Steiermark

    :) Gerhard :)


  • Moin Gerhard,

    Doch so langsam frage ich mich, ob ich ein hochwertiges Fertigprodukt geordert habe ? - oder doch nur einen Bausatz.

    du kannst beruhigt sein, die preuß. Abteilwagen sind schon hochwertig.
    Und wenn du - so wie ich es gemacht habe - auf die Federn jeweils eine 2,0 mm Stahlkugel klebst, ist das größte Problem beseitigt!. Die ganze Prozedur dauert je Wagen keine 5 Minuten.


    Gruß
    Jürgen M.

    Generaldirektion der REEB

  • Hallo Jürgen,


    Dein Tipp mit der Stahlkugel ist sehr hilfreich, allerdings für Kollegen mit R1 Radien nur die halbe Wahrheit. Nach wie vor ist der mittlere Radsatz zu breit. Ich kann nur wiederholen, dass ich die Radsätze für 5,- € plus Versandkosten gerne abdrehe. Danach laufen die Wagen problemlos durch den R1.


    Gruß


    Christoph

  • Hallo Christoph
    ich finde dein Angebot super - vielen Dank dafür.
    Mich ärgert es einfach nur wenn ich neue Wagen kaufe und muss dann schon wieder Geld in die Hand nehmen.


    Ich werde aber sehr wahrscheinlich auf die Angebot zurückkommen und das Porto von und nach Österreich zusätzlich opfern


    Grüße Gerhard

    Grüße aus der Steiermark

    :) Gerhard :)


  • Hallo Gerhard,


    vielleicht solltest Du die Wagen erstmal Probe fahren. Nur dann kann man die Lage beurteilen.
    Eine große Rolle spielt die Gleislage bei diesen Wagen.


    Es gibt auch einige Betriebsbahner die überhaupt keine Probleme mit den Wagen haben. Wie mich zum Beispiel.


    Wenn Du R1 fährst mußt Du die Kupplungen etwas weiter stellen sonst werden die Wagen evtl. aus dem Gleis gehebelt.


    Viel Erfolg bei Deinem Test und das alles glatt gehen möge.


    Gruss
    Michael

  • Wie wäre es denn mal, wenn die Betroffenen bei der Firma Lenz anfragen, ob es möglich ist, im Tausch die Mittelradsätze der Umbauwagen zu erhalten. Wäre für mich erst einmal der nächstliegende Weg. Wenn das nicht geht, kann man immer noch nacharbeiten.


    Ich habe keine Abteilwagen, verfolge den Thread aber, weil mich die Problemlösungen bei solchen Sachen interessieren. Vieles kann man auf andere Modelle, egal ob fertig, aus Bausatz oder Eigenbau, übertragen.

    Meinen Nutzernamen habe ich von jk_wk geändert auf 0topia, weil ich zeigen möchte, dass mein Traum von meiner Spur 0 Anlage keine reine Utopie ist, sondern Stück für Stück in Erfüllung geht.


    Gruß aus dem Bergischen Land

    Jürgen (K)


    Nicht grübeln - mach es einfach, aber mach es einfach


    In meinem Vorstellungs-Thread habe ich Verweise auf meine bisher im Forum veröffentlichten Projekte hinterlegt.

  • Meine drei Exemplare bekomme ich voraussichtlich Anfang nächster Woche und verfahre ganz unvoreingenommen gemäß dem oben genannten Zitat. In der "Feuerzangenbowle" geht es zwar um die Dampfmaschine, hier sind es halt deren Anhänger ;)

    Gruß, Michael



    Gesendet von meiner Taschenlampe

  • Hallo Christoph,


    Ich habe auch den R1 wenn auch nur zur Kurve zum Industrie Anschluss.


    Es kann ja nicht schaden auch da mal ein Auge drauf zu werfen ob die Kupplungseinstellungen OK sind.


    Ich habe keinen Zweifel an Deinen sehr wichtigen Verbesserungen, auch wenn ich sie jetzt nicht benötige.


    Der eine oder andere wird mit Deiner Hilfe sicher seine Wagen zu ordentlichen Fahrleistungen bringen.


    Es muss aber auch erlaubt sein zu erwähnen, dass meine Wagen ohne Probleme laufen. Bezieht sich natürlich nur auf meine Anlage
    und kann auf der Clubanlage oder anderen Heimanlage schon ganz anders sein.


    Diesen Hinweis habe ich nur gemacht, da doch einige hier ohne die Wagen mal ausprobiert zu haben, schon überall Mängel sehen.


    Im übrigen bewundere ich alle Deine Postings hier :)


    LG
    Michael

  • Hallo Spur-0-Freunde.
    Der Abteilwagen ist ca. 100 Euro teurer als der dreiachsige Umbauwagen. Schon traurig, dass man für den m.E. ungerechtfertigten Mehrpreis dann auch noch schlechtere Fahreigenschaften bekommt. Es ist halt nicht alles Gold+ was (g)lenzt . :D
    Gruß, Nobbi

  • Guten Abend Herr Nobbi (haben Sie auch einen richtigen Namen?),

    m.E. ungerechtfertigten Mehrpreis


    ungerechtfertigter Mehrpreis??
    Bevor Sie leichtfertig hier solche Aussage veröffentlichen, schlage ich vor, dass Sie sich erst einmal erkundigen, wie hoch z.B. allein die Werkzeugkosten für die infrage kommenden Modelle sind.
    Falls Sie einen der Preußen besitzen, sehen Sie sich das Modell mal richtig an: Wie viel Griffstangen sind zu montieren? Wie viel extra montierte Türanschläge hat ein Wagenkasten außen?
    Ungerechtfertigter Mehrpreis?


    Mitnichten, Herr Kollege.
    Gruß
    Jürgen M.

    Generaldirektion der REEB

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