Als Mitte des vorletzten Jahrhunderts die ersten Eisenbahnen fuhren hatten die Menschen Angst vor ihr. Bei dem „ungeheuren“ Tempo der Züge könnten Menschen und Lebewesen Schäden erleiden. Trotzdem entwickelte sich die Eisenbahn zu dem wichtigsten Transportmittel für über 100 Jahre. Dann kam das Automobil. Anfangs abenteuerliche Kisten auf dünnen Rädern! Auch hiervor hatten die Menschen Angst. Zeitgleich erhoben sich die ersten Flugmaschinen mit tollkühnen Recken als Pilot in fliegenden Holzkisten. Auch hiervor hatten die Menschen anfangs Angst.
Heute gleicht das Armaturenbrett eines VW Sharan in der Topausstattung fast dem Cockpit einer Boing vor 50 Jahren. Züge fahren heute mit weit über 300 Kilometer pro Stunde und das sicherste Verkehrsmittel soll das Flugzeug sein!
Spielwaren waren vor der Mitte des letzten Jahrhunderts fast unerschwinglich und somit oft nur Sprösslingen der oberen Schicht vorbehalten. In manchen Afrikanischen und Südamerikanischen Staaten sind Spielwaren übrigens heute zum teil noch unerschwinglich!
Ab Mitte des letzten Jahrhunderts wurden durch die Herstellung der Spielwaren in Fabriken diese preiswerter und so konnten sich auch Kinder von „Normalverdienern“ über Spielzeug freuen.
Ab den 1960ern hatte fast jeder Junge eine Modelleisenbahn, die oft mit dem Vater oder dem Großvater zusammen betrieben wurden.
Aus großklobigen Lokmodellen und viel zu kleinen Fallerhäusern wurden immer feiner detailierte und Maßstabsgerechte Modelle!
Ab Ende der 1980er Jahre kam dann das digitale Zeitalter in der Modelleisenbahn an.
Anfangs meinten viele Modellbahner voller Skepsis: „wer braucht den sowas?“
Heute fahren von den weniger gewordenen Modellbahnern 80-90% digital.
Anfangs wurden Spielwaren regional per Hand hergestellt, dann landesweit. Immer noch per Hand!
Formen für Stanzwerkzeuge oder (Kunststoff-)Spritzwerkzeuge wurden noch in den 1980er per Dreher oder Fräser von Hand dem Stahl entrungen!
Die Spielwaren wurden dann in heimischen Firmen zusammengebaut, oft gab es auch Heimarbeiter, wie bei Wiking, die zuhause am Küchentisch Automodelle oder dergleichen zusammenbauten.
Auch vor den Spielwaren hat die Globalisierung keinen Halt gemacht! Inzwischen kommen über 70% der Spielwaren aus Billiglohnländern wie China.
Waren damals zwei Hersteller familiengeführte Unternehmen, die in Konkurrenz zueinander standen, so kann es sein, dass sie heute ein und der selben Holding gehören!
Per Hand wird heute keine Form mehr gefräst oder gedreht!
Alles läuft digital! Modellautohersteller wie z.B. Wiking, Herpa oder Rietze erhalten zum Teil die Originalfertigungsdaten von den Fahrzeugherstellern, ändern diese natürlich auf ihre Bedürfnisse ab.
Selbst bei „Handarbeitsmodellen“ aus Messing werden die Filmtaschen mit den Ätzvorlagen werden nicht mehr per Hand gezeichnet! Kein Lehrling zeichnet heute mehr die einzelnen Messingplatten vor dem Ätzen an oder piekst Nietnachbildungen in das Metall!
Warum ich dies alles schreibe?
Ich scheine mich in diesem Forum mit einer ganz neuen Technik zu beschäftigen, die fast ignoriert wird!
Ist es, weil mein Modell nicht aus Messing ist? Ist es Desinteresse oder gar Angst vor der neuen Technik die ich verwende?
Ich habe in nur fünf (!!!) Tagen eine fast komplette Lok konturiert und täglich etwas davon präsentiert.
Meine Lok hat einen detaillierten Führerstand, wird zu öffnende Motorklappen und zu öffnende Führerhaustüren haben. Auch habe ich im Modell einen nachgebildeten Motor und – soviel ich weis – erstmalig nachgebildeten Fahrmotoren in dem nicht angetriebenen Drehgestell.
Gut, mein Modell gibt es momentan nur virtuell, denn ich habe die Lok „nur“ in einem Programm entworfen. In ein paar Wochen wird aus diesen Programmdaten jedoch eine handfeste Lokomotive aus Kunststoff, dem meistverbreiteten Werkstoff auf der ganzen Welt!
Auch hat meine Lok kein Vorbild aber gerade dies ist die Chance, dass sich kein „Pufferknutscher und Nietenzähler“ darüber brüskieren kann, dass eben keine dem Vorbild entsprechenden 3457 Nieten am Modell dargestellt wird, sondern nur 1200!
Ganze zwei Kommentare habe ich erhalten! Gut, ich pfeife auf die „Grünen“, davon kann ich mir auch kein Abendbrot kaufen aber dass sich nur zwei Menschen überhaupt zu einer Reaktion hinreisen lassen haben, finde ich schon sehr ungewöhnlich, wird hier doch sonst ellenlang über „1:43 oder 1:45“ diskutiert.
Die 3D-Technik ist keine Zauberei und ich kein Hexer! Auch habe ich keine Unsummen für Programme ausgegeben! Ich nutze sogar Gratisprogramme!
Und ob ich ein Modell jetzt aus Messing ätzen lasse oder aus Kunststoff drucken lasse, es dürften die selben Kosten sein!
Im übrigen bin ich weder Designer, noch IT-Spezialist! Ich bin Verkäufer von Beruf.
Die Bedienung der 3D-Programme habe ich mir selbst angeeignet, hier gibt es zur Unterstützung hunderte von Videos auf Youtube!
Jetzt zurück zu meiner Überschrift: „Messingarmut? Desinteresse? Oder Angst?“
Wie gesagt, ich möchte weder Kniefälle vor mir, noch dass mir die Füße oder gar die Backen geküsst werden aber ich bin doch schon etwas erstaunt über die Nichtreaktionen hier und würde mich über die eine oder andere Äußerung freuen.
Und immer daran denken: „wer? Wie? Was? Wer nicht fragt, bleibt dumm!“
Christian